Sterbebegleitung Katze

Maya hatte uns als ihre Familie ausgesucht. Vor genau 14 Jahren kam sie eines Tages plötzlich im Garten aus dem Gebüsch und wich seither nicht mehr von unserer Seite. Sie war gekommen, um sich und uns zu helfen, um negative Energien auszugleichen, um Frieden und Freude zu bringen.
Sie war stets frei zu tun, was immer sie wollte. Selbst, als sie im hohen Alter schon fast taub war, wusste sie den Straßenverkehr perfekt einzuschätzen. Selten habe ich eine so schöne und so kluge Katze getroffen.

Als die Schulmediziner sie im Winter einschläfern wollten, war ich ganz besonders froh, mit Tieren sprechen zu können. Maya konnte mir genau sagen, dass es noch nicht so weit war. Und ich war so froh, dies nicht allein durch mein Gefühl, sondern mit ihr
z u s a m m e n entscheiden zu können. Könnte ich nicht mit Tieren sprechen, hätte ich mich wahrscheinlich der Meinung der behandelnden Tierärzte gebeugt, obwohl mein Gefühl – genauso wie Maya selbst – dagegen sprach.

Jedes Leben ist individuell, und nicht alles ist mit der Schulmedizin zu ergründen. So hatte Maya noch mehr als ein halbes schmerzfreies Jahr, sah den Frühling und Sommer heraufziehen und konnte noch ihre liebsten Plätze im Garten genießen.

Als ich letzte Woche wieder ausführlich mit ihr sprach, sagte sie mir klar und deutlich, dass in sieben Tagen die Zeit gekommen sein werde. Erst nach dem Gespräch rechnete ich nach und erkannte, dass der siebte Tag der 21. Juni, Tag der Sommersonnenwende, ein großer Krafttag, sein würde.

Unsere immer so selbstbestimmte Maya war nun schlussendlich damit einverstanden, dass wir ihr beim Übergang in die andere Welt helfen würden. Doch schon in früheren Gesprächen hatte sie unverrückbar darauf bestanden, zuhause in ihrem geliebten Garten einschlafen zu dürfen – auf keinen Fall wollte sie in die Katzenklinik gebracht werden. Und obwohl wir wochenlang keinen Tierarzt ausfindig machen konnten, der Mayas Wunsch erfüllen würde, fügte es sich schließlich genau so.
Am Wochenende vor der Sommersonnenwende erschien Mayas Körper schwach und ausgemergelt wie nie zuvor. Am Sonntag gaben wir unserer Lieblingstierärztin Nachricht, dass uns Mayas letzter Wunsch sehr wichtig wäre und fragten, ob sie ihn ausnahmsweise erfüllen könnte. Und tatsächlich: Sie würde kommen, es ginge terminlich gut am Tag der Sonnenwende.

Als ich Maya, die sich in den Stunden zuvor verkrochen hatte, suchen gehen wollte, fand ich sie vor der großen weißen Tür, an der Schwelle sitzend. Sie wusste es und war bereit. Im letzten Augenblick, als ich half, den Venenzugang zu legen, bäumte sich das Leben noch einmal auf: Maya schrie mir stumm entgegen, dass sie bei uns bleiben wolle.

Wenige Sekunden später hatte das Narkosemittel seine Unterstützung getan und dem kämpferischen Geist dieser wunderbaren Seele geholfen, ihren Weg anzutreten.

Als Mayas Körper verlassen war, spürte ich, wie sich eine ungeheure, klare Energie in unserem Garten und in mir ausbreitete.

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